Törnbericht Griechenland - Kefalonia 2020
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- Geschrieben von Julian

Ein in vielen Aspekten außergewöhnlicher Segeltörn haben vier Crews des SCR 03 im September 2020 im Ionischen Meer erlebt.
Bereits lange vor Corona geplant und lange Zeit ungewiss fand dieser unvergessliche Törn doch noch trotz Corona statt. Das sonst so ruhige Ionische Meer und Zakinthos beeindruckten in vielerlei Hinsicht. Manches wie die beeindruckende Landschaft und Buchten wurden lange vorher erwartet, manch anderes nicht...
Anbei die ersten Törnberichte von Andrea Bihn von der Segelycht Quing Dao mit wunderschönen Bildern sowie der Törnbericht von Catrin Raane und Heiko Heese Skipper der Segelyacht Camara B. Neben einmaligen Bootsnamen erlebten die Segler nämlich auch (hoffentlich) einmalige Wetterphänomene.
Törnbericht Kefalonia Sept. 2020 Andrea Bihn SY Quing Dao
Für den Törnbericht von Catrin Raane und Heiko Heese mit dem Titel und Ohrwurm dieses Törns "It never rains in Kefalonia" einfach auf "weiterlesen" klicken.
Kefalonia September 2020 - It never rains in Kefalonia
Ein Urlaubstörn Mitte September im Ionischen Meer ab Kefalonia mit dem Ziel, die schöne Nachbarinsel Zakynthos zu umrunden: gemütliches Segeln bei moderatem Wind, Ankern in stillen Buchen, schön Essen gehen, Chillen, Sonnen, kein Regen – soweit der Plan.
Mit 23 Crewmitgliedern, verteilt auf 4 Yachten machten wir uns auf den Weg. Die Skipper Bernd, Stefan, Heiko und Peter. Die Yachten Qingdao (Bavaria 51), Kyvelli (Bavaria 46), Camara B (Bavaria 46) und Shenzen (Bavaria 37).
Der Törn war schon seit November letzten Jahres geplant und wir haben uns alle gefreut, dass wir ihn trotz aller Corona-Auflagen durchführen konnten und Griechenland zum Glück nicht zu den Risikogebieten zählt(e).
Mit RyanAir ab Frankfurt Hahn ging es pünktlich los. Dank dem von Bernd organisierten Transfer waren wir alle schon am frühen Nachmittag in unserem Ausgangshafen in Sami auf Kefalonia und ein Skipper nach dem Anderen konnte sein Schiff übernehmen. Parallel gingen die Crews einkaufen, so dass wir schon am frühen Abend mehr oder weniger startklar waren. Lediglich bei Bernd gab es Probleme mit dem Außenborder des Dinghis, die erst im Laufe des nächsten Tages geklärt werden konnten. Austausch gegen einen anderen funktionierenden Außenborder nach Werkstattbesuch.
Die Crew von Heiko – unsere Crew - legte noch am gleichen Abend ab und verholte sich mit einem kurzen Schlag ( 6 sm ) in eine schöne Bucht im Süden der gegenüber liegenden Insel Ithaka. – Das Ankern in der Bucht mit Landleinen war schon die erste Herausforderung. Denn der Seitenwind war mit 15 -20 Knoten so stark, dass es schwierig war, den Anker zu werfen und dann die Position zu halten, bis die Schwimmer die Landleine festgemacht hatten. Wir brauchten ein paar Anläufe und ganz kurz bevor es endgültig stockfinster war, waren wir fest und konnten schwimmend noch eine zweite Landleine legen. Danach wurde gekocht und die sternenklare Nacht ohne Lichtverschmutzung genossen.
Die Belohnung für die Mühe waren ein wunderschöner Abend und ein wunderschöner Vormittag in der Bucht, mit viel Schwimmen und Schnorcheln. Auch die Crew von Bernd kam am Vormittag noch zu Besuch und gemeinsam machten wir uns dann auf den Weg Richtung Süden, zunächst in den Hafen von Poros auf unserer Ausgangsinsel Kefalonia. 10 sm unter Motor, da nur 5 Kn Wind aus der Richtung kam, in die wir wollten. Am späten Nachmittag liegen alle Crews gemeinsam im Hafen. Zusätzlich noch Jörg Hemb mit seiner Crew, die in Nidri auf Lefkas gechartet hatte.
Normalerweise ist Poros - wie die ganze Insel Kefalonia – fest in britischer Hand. Aber in diesem Jahr ist fast nichts los. Der Ort ist nahezu ausgestorben, viele Läden haben zu, in anderen gibt es kaum Auswahl. Dennoch finden wir eine sehr schöne Taverne (Romantika) mit Blick über das Meer, in der wir sehr gut frischen Fisch gegessen haben.
Am nächsten Morgen geht es dann weiter Richtung Zakynthos. Der ursprüngliche Plan war im Uhrzeigersinn um Zakynthos herumzufahren und dabei als erstes die Blauen Grotten im Norden der Insel zu besuchen. Da hat uns aber der Nordwind einen Strich durch die Rechnung gemacht. Wir konnten toll nach Zakynthos segeln, aber in den Grotten war zuviel Schwell, sodass wir nicht anhalten und die Grotten hätten besuchen können. – Es machte auch keinen Sinn, in den Hafen Agios Nikolaos an der Nordostküste der Insel zu fahren. Dort hätten wir in der Nacht nicht ruhig liegen können.
Also kam Plan B zum Zug: An die Westseite der Insel Zakynthos nach Süden fahren und dort für die Nacht an Mooringbojen festmachen, in der Bucht Ormos Vroma.
Auf dem Weg dorthin machten wir alle einen Zwischenstopp in der sogenannten Shipwreckbay. Ein Einschnitt in der Steilküste Zakynthos mit traumhaftem türkisblauem Wasser und einem malerisch auf dem Strand liegenden verrotteten alten Frachter. Die Bucht kann nur von See erreicht werden und in diesen Coronazeiten war dort fast nichts los; wir waren – wie fast überall – praktisch alleine.
Leider war zuviel Schwell in dieser schönen Bucht, daher konnten wir hier nicht übernachten. Wir sind dann wenige Seemeilen südlich in unsere Zielbucht Ormos Vroma gefahren. Tagespensum 23 sm tolles Segeln und 10 sm unter Motor. Ormos Vroma ist der einzig sichere Hafen an der Westküste von Zakynthos. Dort konnten wir an Mooringbojen festmachen, normalerweise ein Garant für eine sehr ruhige Nacht.
Schon beim Einlaufen in die Bucht donnerten uns aber 30 Kn Fallböen von den Bergen entgegen. Leider waren die Abstände der Bojen für unsere Schiffsgrößen nicht ausgelegt. Schon am Abend kamen sich Bernds und unser Boot immer bis zur Berührung nahe. Beide Boote packten alle Fender an die potentiellen Berührungspunkte. Nachdem wir uns einige Zeit das Hin- und Her- der beiden Yachten angeschaut hatten, legten wir uns schlafen. Bernd Crews entschied sich, nachts Wache zugehen. Was sich am frühen Morgen auch als gute Entscheidung herausstellte. Denn unser Bug und das Heck von Bernds Yacht gingen spontan auf Kollisionskurs, dank der Fender aber nichts passiert. Vielen Dank dafür an Bernds Crew.
Am Morgen legten wir dann sehr schnell ab und segelten weiter entlang der Westküste Richtung Süden. Es war klar war, dass es auch dort nur wenige Ankerbuchten gibt. Denn ein Großteil der südlichen Buchten ist als Naturschutzgebiet den Caretta Caretta Schildkröten vorbehalten, die dort ihre Eier ablegen und schlüpfen. Ziel war daher die Bucht des Ormos Keri mit einem kleinen Ort.
Limni Keri ist ein kleiner Strandort mit Restaurants und kleinen Geschäften. Wir sind mit den Dinghis an Land, haben eingekauft und waren in einem sehr schönen Restaurant mit Dachterrasse und tollem Blick über die Bucht essen. Bilanz des Tages: 20 sm Starkwindsegeln mit Böen bis 35 Kn bis fast Flaute und dann noch 8 sm unter Motor.
Als es gerade begann, so richtig gemütlich zu werden und alle Crewmitglieder sich an den Törn gewöhnt hatten, kam am Dienstag Abend die Hiobsbotschaft: Ein Medicane ist im Anmarsch; ab Donnerstag Nachmittag wird es richtig zur Sache gehen. – Noch wussten wir nicht, was uns blüht. Doch die ersten Crews entschieden, am Mittwoch gleich in der Frühe loszusegeln, zurück in unseren Ausgangshafen Sami.
Wir – die Crew von Heiko – sind ebenfalls früh los, unter „Volldampf“ zurück nach Kefalonia, vorbei an der Ostküste von Zakynthos. Aber einen kleinen Badestopp an der Südspitze von Ithaka mussten wir uns gönnen. Der ursprüngliche Plan, die Nacht noch dort zu verbringen, ging wegen des vorhergesagten Wellengangs nicht auf. Also sind wir wie alle anderen Boote auch am Abend zurück nach Sami auf Kefalonia. Tagesetmal 54 sm unter Motor mit Großsegel als Schaukeldämpfer und Unterstützung.
Am Donnerstag haben wir uns dann so gut es ging, auf den Sturm vorbereitet. Alle Fender an Bord wurden genutzt, um uns zu den anderen Booten neben uns zu sichern. Mit Leinen haben wir uns an den anderen Booten festgemacht. Landleinen zur anderen Hafenseite wurden ausgebracht. – Auch die Mitarbeiter der Marina waren vor Ort und haben mitgeholfen.
Da wir ja dann am Donnerstag den ganzen Tag im Hafen lagen, waren wir – im leichten Regen – schwimmen und wandern – auch ein schöner Tag. – Am Abend sind wir um 20 Uhr in eine Taverne am Hafen essen gegangen, da ging es langsam los: starker Regen und die ersten kräftigen Böen. Wir sind schnell von der Terrasse in das Innere der Taverne umgezogen und haben den „selbst gefangenen“ Fisch, der dort zubereitet wurde, genossen.
Dann haben wir die Nachtwache im 3 Stunden Takt eingeteilt und sind recht gut durch die Nacht gekommen. Die Schicht bis 2 Uhr war noch unspektakulär; ab circa 3 Uhr gings richtig los mit dem starken Sturm und es knallte gewaltig, sowohl an die Kaimauer, als auch an die Nachbarschiffe. Dies war die Vorderseite des Mediterranean Hurricanes, „Medicane“ Ianos, mit Wind aus Südost und 40 Kn Böen und heftigen Regenschauern. – Morgens so gegen 8 Uhr war dann plötzlich Ruhe – frühstücken und weitere Sicherheitsvorbereitungen. Denn es war klar, dass wir uns „im Auge des Hurrikans“ befinden und die Ruhe nur „die Ruhe vor dem Sturm“ bedeutet. Von 10 Uhr bis 20 Uhr am Abend ging dann die Post ab und zwar so, dass man es kaum beschreiben kann, wenn man es nicht erlebt hat. Unvorstellbar viel Regen, Sturm und hohe Wellen, Sturmböen bis zu 70 Kn aus Nord, die Windrichtung, für die der Hafen nicht ausgelegt ist. Der Wasserstand war um 1 m angestiegen, jetzt lag der Wasserspiegel fast auf Kaimauerhöhe.
Unsere wichtige Aufgabe bestand darin, uns selbst zu sichern und größere Schäden am Schiff zu verhindern. An Backbord und Steuerbord war jeweils ein Crewmitglied im strömenden Regen und hat die Fender zu den Nachbarschiffen gesichert. Die größte Herausforderung bestand aber darin, unser Schiff vor der Kaimauer zu sichern. Ganz konnten wir nicht verhindern, dass das Schiff mehrfach auf die Kaimauer gedonnert und wieder heruntergesurft ist. – Bei uns auf dem Boot war das größte Problem, dass sich die Holeleine von der Mooring um unseren Propeller gewickelt hat und wir uns daher nicht mehr mit dem Motor von der Kaimauer freihalten konnten. Wir hingen an der Mooring und waren zusätzlich mit Spring-Leinen mit den Nachbarschiffen von Bernd und Stefan verbunden und darauf angewiesen, dass die beiden uns mit Ihren Maschinen mit nach vorne halten.
Irgendwann riss dann aber die Spring zu Stefans Boot, kurz danach die zu Bernds Boot und unsere Backbord-Landleine. Die neue Verbindung zu Stefan hielt, allerdings nicht unsere Mittelklampe, die riss ab. Dann haben wir die 50 m Landleine als Verbindung genommen; aber beim Festwinschen der Leine ist dann die Winsch verbogen – auch Mist. – Belegt auf der Heckklampe hielt uns diese Spring aber für den Rest des Medicanes.
Zu Bernd wurde auch eine neue Spring gelegt und die Heckleine neu ausgebracht, mit der letzten freien Leine, die wir an Bord hatten. Allerdings musste Bernd seine Maschine bald darauf abschalten da er feststellte dass er sein Boot mit dem Kühlwasser des Motors flutete. Mit Handpumpe und Eimern lenzten er und seine Crew die Bilge. Stefans Maschine gab irgendwann weissen Rauch aus dem Auspuff, Überhitzung da durch den ganzen Müll im Hafenbecken der Sewasserfilter der Kühlung zuging. Der Papst war aber noch nicht gewählt, der Medicane ging weiter.
Wir haben dann über Stunden versucht, das Schlimmste zu verhindern und immer gehofft, dass es weniger wird. Die Einheimischen, Basismanager und Hafenpolizei gingen immer noch davon aus, dass es um 15 Uhr vorbei ist. Leider hielt sich der Medicane nicht an ihre Prophezeiungen. So richtig „Entwarnung“ konnten wir dann erst am Abend gegen 20/21 Uhr geben.
Zum Glück ist uns allen nichts passiert. Die Schiffe haben einige Blessuren, die sich aber alle reparieren lassen. An Land sah es schlimm aus. Schon zu Beginn des Sturms – in der Nacht - , gab es auf der Insel einen kompletten Stromausfall, der auch bis zu unserer Abreise nicht behoben war. Alles war verwüstet, Bäume entwurzelt, Strommasten umgefallen, Möbel durch die Gegend geflogen, Straßen weggespült, Schlammlawinen und Hangabrutsche. In den kommenden Tagen konnten wir in den Nachrichten und in Youtube Videos sehen, dass andere Yachten weniger Glück hatten. Circa 10 Yachten sind alleine in Häfen auf Kefalonia gesunken.
Unsere Rückreise am Samstag mit RyanAir verzögerte sich um ein paar Stunden, durch den Medicane und den Stromausfall war der Flugplan durcheinander gekommen. Was aber für uns ganz gut war, da der Bustransfer zum Flughafen nicht möglich war wegen der Strassenschäden. So konnte Bernd für uns alle Taxen organisieren, die uns dann sicher zum Flughafen auf die andere Inselseite brachten. Bei strahlendem Sonnenschein! und Flaute!
In Flughafennähe war ein Strand, dort konnte doch nochmal das Urlaubsfeeling aufgefrischt werden. Oder - wenn es mit der Kellnerin klappte - in der Kneipe um die Ecke, bei einem schönen kühlen Mythos und toller Aussicht, der Törn abgeschlossen werden.
Unser Fazit: Mit einem blauen Auge davongekommen, viele Geschichten zu erzählen – nochmal brauchen wir das aber nicht.
Beim nächsten Mal bitte wieder das sonnige, nicht so windige, entspannte Ionische Meer.