Törnbericht Perlen der Dänischen Südsee 2021
- Details
- Geschrieben von Julian

Die Perlen der dänischen Südsee, oder der „wenn´s Not tut-Törn“
28.08. – 03.09.2021
Samstag, 28.08.2021
Erster Treff der Crewmitglieder. Wir erreichen am Freitagmorgen nach zum Teil sehr frühem Start in Rüsselsheim, Heiligenhafen. Für 2 Mitglieder, Michael und mich ist es der erste Segeltörn, bei Sylv ist es einige Jahre her, aber wir merken schnell, dass es für sie wie Fahrrad fahren ist: nach 2 Tagen ist sie mit den Abläufen sehr vertraut.
Gestärkt mit einem Fischbrötchen übernehmen Sylv, Catrin und ich den Einkauf. Das Skipperteam Stefan & Jens, sowie Michael treffen sich mit dem Charter-Fritzen, um das Boot zu übernehmen.
Mit dem Inhalt von 4 großen Einkaufswagen treffen die Mädels an Bord ein und es kostet etwas Schweiß und Zeit bis alles am richtigen Ort verstaut ist.
Pflichtbewusst und sehr sorgfältig übernimmt Skipper Stefan die Sicherheitseinweisung und schon hier gibt es für die Neulinge viel neues Vokabular und das Vokabelheft wird sich im Laufe des Törns weiter füllen.
Nach der Pflicht kommt die Kür, trotz Regen und grauem Himmel genießen wir den ersten Aperitif im Hafen, bevor es zum Abendessen in die Bretterbude geht.
Vokabelheft: Backskiste
Sonntag, 29.08.2021
Heute ist es immer noch bedeckt, aber immerhin kein Regen.
Aber wen stört das schon! Mit der That´s Life nehmen wir bei 5 Beaufort Kurs auf Schleimünde und Kappel. Vor uns liegen fast 50 sm. Die Überfahrt erfordert vom Skipper volle Konzentration. Ein routiniertes Ablegemanöver trotz widriger Verhältnisse gelingt reibungslos. Nicht allen Crewmitgliedern bekommt die Fahrt gut, aber die Fische dürfen sich über ein bisschen Extrafutter freuen 😉 Auch das neue Crewmitglied Michael meistert die Herausforderung, bei diesen Bedingungen zu steuern. Es gelingt ihm sogar, seinen Namen ins Wasser zu schreiben.
Da unser Boot einen Tiefgang von 2,30 m hat, entscheidet das Skipperteam nicht in Schleimünde anzulegen, sondern bis Kappeln zu fahren.
In Kappeln angekommen, ist die Seekrankheit fast verflogen. Michael übernimmt den ersten Gang zum Hafenmeister.
Der Tag klingt im Restaurant Pierspeicher bei einem köstlichen Essen aus. Schnell war die Seekrankheit verflogen. Aber aus Vernunftsgründen wählte ich einen Tee aus, um meinen Magen noch etwas zu schonen, was bei der Bedienung den nordisch-trockenen Kommentar entlockte: Na wenn´s Not tut…. Das Gelächter war auf ihrer Seite und so war der Slogan unserer Tour geboren.
Ich konnte am heutigen Tag leider keine neuen Vokabeln in mein Heft schreiben, da ich nur wenig neues Segelwissen aufnehmen konnte. Aber das sollte sich in den nächsten Tagen ändern….
Vokabelheft: Klampe belegen, Fieren, Dicht holen, Großschot
Montag, 30.08.2021
Wir werden mit schönem Wetter begrüßt: blauer Himmel, sieben Sonnen, optimaler Wind. Hervorragende Bedingungen für einen schönen Segeltag.
Aber wie jeder weiß: „Sage Kappeln nie Adieu, ohne einen Aal von Föh“. So machen wir uns nach dem Frühstück noch auf den Weg, um Kappeln und Föh einen kleinen Besuch abzustatten, bevor abgelegt wird.
Unser Ziel ist heute Dyvig und wir können, nachdem wir die Schlei verlassen haben, die Segel setzen.
Hier steht Dänemark „schmukeste“ Badehotel – sehr hyggelig und mit viel Liebe eingerichtet. Aber nur etwas für den großen Geldbeutel …
Nach dem Anleger grillen wir im Hafen, nachdem wir auf Gerdas Geburtstag angestoßen haben. Dyvig ist ein idyllischer Platz, traumhaft …
Und heute sollte sich auch das Vokabelheft füllen:
Fahrwassertonnen, Gefahrentonnen in allen Farben und Formen, Sprayhood
Dienstag, 31.08.2021
Die Frühaufsteher sind vor dem Frühstück schon im Wasser. Die dyviger Kaufmannsfrau verkauft uns mit der Stimme einer rostigen Kreissäge frische Brötchen und Wienerbrød …
Nach dem Frühstück schlendern wir zum Badehotel, Catrin schwärmt zu Recht in höchsten Tönen davon und so genießen wir den zweiten Kaffee auf der Terrasse des Hotels.
Vor dem Ablegen traut sich die gesamte Crew noch für ein kleines Bad in die Ostsee.
Das nächste Ziel ist Lyø. Wir können unter guten Bedingungen segeln, am Ende unter abflauenden Wind. Das bietet die Gelegenheit die Ukulele auszupacken und den ein oder anderen Shanty zur Freude des Captains anzustimmen, der für die Crew das Abendessen zu bereitet: besoffenes Huhn.
Da es im Hafen keinen Liegeplatz mehr gibt, sind wir glücklicherweise gezwungen in der Bucht von Lyø zu ankern. Es wird ein sehr stimmungsvoller Abend bei gutem Essen und einem traumhaften Sonnenuntergang. An diesem Abend machen alle sehr viele Bilder… vielleicht schafft es ja eins in den Segelkalender 2022.
Vokabelheft: Schwojen, Schwojkreis, Ankeralarm
Mittwoch, 01.09.2021
Frühstücksbrötchen bei Sonnenschein und anschließend Fahrt in den Hafen von Lyø. Wir machen einen Rundgang über die malerische Insel.
Viele kleine reetgedeckte Häuser, eine alte Backsteinkirche, um die der schönste Friedhof Dänemarks kreisförmig angeordnet ist. Man findet fast nur Hansens, Petersens und Jensens. In der Kirche liegen viele liebevoll selbstgestickte Kissen, die den Platz der Kirchgänger kennzeichnen.
Eine alte kleine Schule lädt jetzt zur Einkehr ein und der Købmann hat alles was man braucht. Wir brauchen Eier und natürlich Butter, denn Butter ist immer knapp …
Zurück auf dem Boot wird Kurs auf Svendborg genommen. Heute ist ideales Segelwetter, wir nutzen die Gelegenheit den Spinnaker zu setzen. Das Boot gleitet, wie auf Schienen und jeder nutzt die Gelegenheit einmal am Steuer zu stehen und das Gefühl „Segeln“ zu erfahren. Ein tolles Erlebnis, nicht nur für die Neulinge.
Den Spinnaker zu setzen bedarf einiger Vorbereitung. Jens übernimmt das routiniert und erklärt ausführlich, was alles beachtet werden muss.
Ein perfekter Tag und zum Abschluss wurden wir noch in gebührendem Abstand von Schweinswalen begleitet.
In Svendborg hatten sie schon den roten Teppich für uns ausgelegt. An diesem Abend fand dort die Verleihung des dänischen Filmpreises statt. Wir ließen den Abend lieber bei einem guten Abendessen ausklingen, da unser dänisch noch nicht so gut ist.
Vokabelheft: Spibaum, Spinnaker, Gennaker, Spi-Schoten, im Päckchen liegen, Butterflykurs, Risiko der Patenthalse
Donerstag, 02.09.2021
Ziel ist heute Marstal. Auf dem Weg nach Marstal haben wir weniger Wind, aber auch das sanfte Gleiten übers Wasser hat seinen Reiz. So bleibt mehr Zeit die schönen Häuser und großzügigen Anwesen an Land zu betrachten. Auch auf diesem Weg gibt es ein tierisches Highlight: ein kleiner Seehund taucht hinter unserem Boot auf und schaut uns neugierig an als wollte er sagen: „Was wollt ihr denn hier? Das ist doch mein Revier!“
Aber vorher machen wir auf Empfehlung des Captains noch einen kurzen Stopp in Rudkøbing. Denn wer es noch nicht weiß, Rudkøbing ist die Stadt von Hans Christian Øersted (siehe Törnbericht 2018), dem Erfinder des Wortes Summerfugl (Schmetterling). Aber nicht nur dafür ist er berühmt geworden. Auch als Physiker hat er sich mit der Entdeckung des Elektromagnetismus einem Namen gemacht. Das durfte besonders Stefan erfahren, der sich aus Neugier in das kleine Museum wagte und erst nach einiger Zeit wieder zum Vorschein kam. Der Museumsaufseher freute sich sehr über den Besuch eines Physikers und wollte all sein Wissen loswerden.
Rudkøbing überrascht uns, diese kleine Stadt lädt zum Bummel ein und bezaubert durch die kleinen gemütlichen Gassen. Auch wir können uns vorstellen hierher zurückzukommen.
Nach Rudkøbing kam ordentlich Wind auf und wir konnten mit bis zu 7 Knoten Fahrt durch Wasser hoch am Wind segeln. Bei vielen Wenden konnten auch die Anfänger die Abläufe trainieren und am Ende des Tages war der Befehl „Hol über die Fock“ in Fleisch und Blut übergegangen.
Ankunft in Marstal: wieder Päckchen liegen mit der Blue Lady. Ziel des Abendspaziergangs sind die wunderschönen Badehäuschen von Marstal. Diese bunten Häuschen bieten Gelegenheit für viele Fotomotive.
Zum Abendessen werden alle Reste zusammengesucht und es gibt eine leckere Tomatensoße mit Spaghetti. Lange sitzen wir noch zusammen und lassen den Törn Revue passieren. Wir hatten eine wunderschöne Zeit mit vielen Höhepunkten.
Vokabelheft: Wuling, Eindampfen in die Achterspring, Achterklampe, Auflandiger Wind
Freitag, 03.09.2021
Der letzte Morgen an Bord beginnt früh. Wir legen bereits um 6 Uhr ab und ankern nach ca. 1 Stunde in einer kleinen idyllischen Bucht, um bei Sonnenaufgang zu frühstücken.
Für die 50 sm nach Heiligenhafen brauchen wir 7,5 Stunden. Bei viel Welle und Wind von hinten wählt der Skipper einen Raumschotkurs, um auf der sicheren Seite zu sein. Die Rückfahrt ist aber deutlich angenehmer, da immer wieder die Sonne rauskommt und auch die Wellen nicht ganz so hoch sind wie bei der Hinfahrt.
In Heiligenhafen angekommen, machen sich Sylv, Stefan und Jens auf nach Fehmarn um die „Joke“ zu übernehmen und Chrissi zutreffen. Von dort startet am Sonntag die abgespeckte Variante der Hessenregatta. Wir genießen ein gutes Essen im Sailors Inn, bevor sich unsere Wege trennen.
Wir sind uns alle einig, es war ein wunderbarer Törn, die dänische Südsee hat sich von ihrer schönsten Seite gezeigt. Die Anfänger fragen sich, wie das noch zu toppen ist, aber der nächste Törn ist schon gebucht …